Titel der Arbeit zur Erlangung der Bezeichnung akad. gepr. Kynologin: HundehalterInnen als mobile Sicherheitszone. Können HundehalterInnen die Angst ihres Hundes beeinflussen und wie können sie die Angst durch ihr Verhalten reduzieren?
Ich litt früher unter Agoraphobie und einer Panikstörung. Ich konnte nicht vor die Tür gehen und in den eigenen vier Wänden war es nicht besser. Eine Panikattacke jagte die Nächste - von morgens bis abends. Fallweise ereilte mich die Panik aus heiterem Himmel und ohne definierbaren Auslöser, ein anderes Mal war es eine bestimmte Werbung im Fernseher oder das Prasseln des Regens auf dem Dach. Ich empfand meine Umwelt als laut, grell und intensiv. Übrig geblieben aus dieser Zeit ist nur noch ein "Frühwarnsystem" auf das ich zu hören gelernt habe, sodass ich bis auf ein paar Ausnahmen ein ganz normales Leben führen kann. Menschen, die unter Angststörungen leiden werden von ihrem Umfeld manchmal nicht ernst genommen und es fallen Aussagen wie "Ich verstehe nicht, wieso du jetzt Angst hast.", "Stell dich nicht so an.", "Da gewöhnst du dich schon noch daran." oder "Da musst du jetzt durch!". Im Zusammenhang mit der Haltung von Hunden fallen diese Sätze sehr leichtfertig und die Hunde werden (unwissentlich) mit Situationen konfrontiert, die sie überfordern. Vielen Menschen scheint nicht bewusst zu sein, dass sie damit ihrem Hund nicht helfen, sondern das Leben noch schwerer machen. Das ist einer der Gründe warum ich mich sowohl bei meinen Fortbildungen als auch bei meiner Arbeit für die oben genannten Schwerpunkte entschieden habe. Ein weiterer ist, dass die neurophysiologischen Prozesse im Körper von Stress/Angst weitestgehend identisch bei Hunden und Menschen ablaufen und ich sehr gut nachvollziehen kann, wie die Hunde sich fühlen müssen. Der Hauptgrund ist jedoch, dass ich die Hunde und ihre Menschen mit meiner Fachkenntnis, Empathie und ein wenig Humor, auf dem Weg zu mehr Lebensqualität begleiten möchte.
Loui ist mein mutiger Angsthase
(15.05.2015) Loui ist ein Schäferhund-, Australian Kelpie Mischling und stellte mich bereits im zarten Welpenalter vor große Herausforderungen. Alle Welpen sind niedlich, freundlich, verspielt, kuscheln gerne und bereiten nur Freude, richtig? Falsch! Rein optisch war Loui natürlich ein zuckersüßer Welpe und erfüllte das klassische „Kindchenschema“, das in uns Menschen das Bedürfnis weckt einem Welpen Fürsorge zu bieten und ihn zu beschützen. Die Evolutionsbiologie lässt grüßen. Als er im zarten Alter von ca. 12 Wochen aus dem Tierheim zu mir ziehen durfte, war Loui weit davon entfernt Nähe zuzulassen, soziale Unterstützung anzunehmen oder sich beschützen zu lassen. Menschen waren angsteinflößende Monster mit zwei Köpfen und acht Armen, die man Zwicken, Tackern, Anknurren oder Verbellen musste - inklusive mir. Sein Stresslevel war jenseits von Gut und Böse und jede Situation überforderte ihn rasend schnell - was wiederum mit der "Strategie" Frauli zwicken, Hand in Hand ging. Fremde Hunde waren zwar nicht so gruselig, aber respekteinflößend. Zumindest beim Thema Ressourcen, wie Spielzeug oder Essbarem, hatte er sich auf das Knurren beschränkt. Wir haben den herausfordernden Weg gemeinsam gemeistert und er ist zu einem weitestgehend umweltsicheren Hund herangewachsen. Durch den steinigen Weg, den wir gehen mussten, ist eine besondere und vertrauensvolle Verbindung zwischen uns entstanden. Diese speziellen und sehr bewegenden Momente, die man mit solch einem Hund erlebt, wie zum Beispiel, wenn der eigene Hund das erste Mal den Körperkontakt sucht, kann wohl nur jemand nachvollziehen, der selbst mit solch einem Hund zusammenlebt oder zusammengelebt hat. Kleine Anekdote: Es war ein wunderschöner Sommertag und wir befanden uns im Ferienhaus in Ungarn. Wir durften uns an einem bewohnten Vogelnest erfreuen, das sich außerhalb Loui's Reichweite befand. Er hatte nie großes Interesse daran gezeigt Tiere zu jagen, deswegen machten wir uns auch keine allzu großen Gedanken. Dann kam der Tag, an dem die kleinen Vögel das erste Mal das Nest verließen. Wir hatten es nicht bemerkt, Loui schon. Mit Stolz geschwollener Brust und Spielgesicht präsentierte er uns das kleine Vogelkind im offenen Maul... Der Jungvogel hat den "Logenplatz" in Loui's Maul zum Glück schadlos überstanden.
Twiggy war mein ein und alles
(10.04.2003 - 06.06.2019) Twiggy war eine Straßenhündin aus Ungarn, die mit knapp einem Jahr bei mir als Zweithund einzog. Sie bestand damals nur aus Haut und Knochen. Erst viel später wurde bei einer Röntgenaufnahme festgestellt, dass sie scheinbar im ersten Lebensjahr mit Schrotkugeln beschossen wurde. Sie war anfänglich eine sehr ängstliche Hündin, die unter enormem Stress stand und noch nicht gelernt hatte, wie sie ihn eigenständig wieder abbauen konnte, ohne dass diverse Möbel und Gegenstände darunter zu leiden hatten. Im Gegensatz zu Loui bevorzugte sie jedoch, in für sie überfordernden Situationen, den Rückzug als Lösungs-Strategie. Als sie lernte mir zu Vertrauen, zeigte sich ihr wahres Wesen und sie wurde zu einer halbwegs souveränen Hündin, die hin und wieder auch gerne Unstimmigkeiten zwischen anderen (kleinen) Hunden schlichtete. Im Alter von 16 Jahren verlor sie leider den Kampf gegen einen Lungentumor. Kleine Anekdote: Unsere damalige Katze Lilith hatte in unserer Abwesenheit die Tür zur Abstellkammer geöffnet, in der sich auch die große Futtertonne befand. Twiggy nutze die Gelegenheit und fraß sich satt. Als ich Heim kam, fand ich sie selig schlafend in der Futtertonne.
Merlin war mein Herz und meine Seele
(15.06.2001 - 19.12.2012) Merlin war meine erste große Hunde-Liebe. Wir Menschen haben manchmal utopische Erwartungen und Vorstellungen an unsere Hunde: Bei strahlendem Sonnenschein, fröhlich und leinenlos in der Natur oder der Stadt spazieren gehen. Gemeinsame Zeit mit Freunden und dem Hund in einem Schanigarten oder an einem See verbringen oder einfach gemeinsam zusammengekuschelt eine schöne Zeit vor dem Fernseher zu verbringen - das natürlich alles ohne viel Trainingsaufwand oder ständig ein Auge auf den Hund haben zu müssen. Merlin war einer dieser sehr seltenen „Traumhunde“, der tatsächlich diesen Vorstellungen entsprach. Er pflegte stets einen freundlichen und respektvollen Umgang mit jedem Lebewesen. Bei "Unstimmigkeiten" mit anderen Hunden reichte meist seine subtile Körpersprache aus, um die Situation friedlich zu regeln. Kleine Anekdote: Ich war mit Merlin auf einer sehr großen Wiese unterwegs. Weit entfernt kam uns ein Hundehalter entgegen. Wir riefen unsere Hunde zu uns. Merlin lief nicht wie sonst zu mir, sondern zum anderen Hundehalter und setzt sich neben ihn. Zeitgleich kam der fremde Hund zu mir und begrüßte mich. Zu gerne hätten wir damals gewusst, was in den Köpfen der Hunde dabei vorgegangen sein mag. Wir Menschen haben uns darauf geeinigt, dass unsere Hunde sich kennenlernen und gemeinsam Spazieren gehen wollten. Daraus entstand eine sehr schöne Gassi-Freundschaft - nicht nur unter den Hunden.